„Jeder kann schreiben“ – Imagefilm der Schreibwerkstatt Marzahn

Auch in diesem Jahr gab es den Jugenddemokratiefonds, aus dem Mittel für Projekte zur Verfügung gestellte wurden. Die Jugendlichen selbst entschieden, welches Projekt wieviel Geld im Rahmen der zur Verfügung stehenden Summe erhielt. Schon zweimal hat sich die Schreibwerkstatt mit interessante Unternehmungen eingebracht. 2018 war es der Vergleich von Eisenhüttenstadt mit Marzahn und 2019 die Beschäftigung mit der Euthanasie von Kindern in der Zeit des Nationalsozialismus. In diesem Jahr wollten wir einen Imagefilm über die Schreibwerkstatt erstellen, die ihr zehnjähriges Jubiläum beging.

Kurzbeschreibung

In ihrer 10jährigen Geschichte hat die Schreibwerkstatt Bemerkenswertes geleistet, 13
Publikationen herausgebracht, mit vielen Autoren und Künstlern zusammengearbeitet und berlinweit mit Lesungen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In dem Video sollen diese Leistungen gewürdigt und auf neue Projekte aufmerksam gemacht werden. Die
Teilnehmenden berichten, welchen Stellenwert das Schreiben in ihrem Leben einnimmt, über ihre Motivationen, die Schreibwerkstatt zu besuchen und welchen persönlichen Gewinn sie daraus ziehen. Was kann kreatives Schreiben bewirken? Braucht man dazu unbedingt Talent oder kann jeder schreiben? Gibt es Regeln, die man befolgen muss?
Darüber hinaus soll das Video der Voreingenommenheit gegenüber dem Stadtbezirk
Marzahn-Hellersdorf und seinem negativen Image Kreativität und Lebensfreude
entgegensetzen.

Für wen ist das Projekt / wem nützt das Projekt?

Der Film soll in erster Linie Interessierte erreichen und auf die Schreibwerkstatt neugierig machen. Er dient zugleich allen, die sich ein objektives Bild von unserem Stadtbezirk machen wollen und rückt auch verdientermaßen die Mark-Twain-Bibliothek und das Freizeitforum mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. Das Projekt stellt neue
Herausforderungen an die Teilnehmer*innen, weil sie sich auf unbekanntem Terrain
bewegen. Sie lernen das Drehbuchschreiben, wie man dieses filmisch umsetzt, welche
Technik nötig ist und wie aufwändig professionelle Filmproduktion sein kann. Am Ende
haben alle viel dazugelernt.

Wen haben wir als Partner mit einbezogen?

Filmpark Babelsberg, Filmworkshop-Anbieter wie z.B. KIJUFI, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg, Kinder- und Jugendbeteiligungsbüro Marzahn-Hellersdorf

Was brauchten wir, um die Projektidee durchführen zu können (neben dem Umsetzungsgeld)?

Zunächst brauchten wir Profis an unserer Seite, auch zum Schreiben des Drehbuches. Wir liehen uns von KIJUFI Filmtechnik wie z.B. Kameras, Stative, Licht- Ton- und Schnitttechnik. Für den fertigen Film benötigen wir Unterstützung zu seiner Verbreitung zusätzlich zu den Social Media-Kanälen.

Schon lange hegten wir den Wunsch, die Leistungen unserer Schreibgruppe mittels eines Videos über den Stadtbezirk hinaus bekannter zu machen und damit neue
Teilnehmer*innen zu gewinnen. Es gibt viele junge Menschen, die im Verborgenen
schreiben und denen der Mut fehlt, sich damit an die Öffentlichkeit zu wagen. Wenn sie
von der Schreibwerkstatt erfahren und sehen, dass sie dort Gleichgesinnte finden können, ist das eine Möglichkeit, neue Talente zu entdecken bzw. zu wecken. Der Film ist auch eine Hommage an 10 Jahre Schreibwerkstatt.

Der Landesverband Kinder- und Jugendfilm hat uns ein tolles Angebot erstellt, als wir uns dort um Unterstützung bewarben. Es beinhaltete einen vierstündigen Einführungsworkshop zur Ideenfindung und zum Drehbuchschreiben, Fortbildungen zum Videoschnitt und zur Filmtechnik und Technikverleih. Somit lernten die Jugendlichen wichtige Grundlagen und drehten dann in Eigenverantwortung den Film. 

Schritt 1 – Einführungsworkshop mit Andrea Iannetta

Andrea Iannetta ist freischaffender Filmemacher und Regisseur. Er arbeitet derzeit in Europa und Afrika an mehreren Film- und Videoprojekten zu sozialen Themen wie Migration, Integration und Frauenrechten.
https://andreaiannetta.com/
Im Rahmen unseres Imagefilm-Projektes hat er am 27.06.2020 mit uns die Basics des Filmemachens besprochen, z.B., dass der Ton am wichtigsten ist. Erst der Ton, dann die Bilder! Zuerst haben wir Fragen zusammengetragen, mit denen wir uns dem Thema annäherten. Mit deren Hilfe kann man die Aufmerksamkeit des Zuschauers erregen und sie ins Geschehen einbinden. Dann beschäftigen wir uns mit den Elementen, aus denen das Video bestehen soll. Interviews, Dialoge, Erzähler? Sprechen mehrere gemeinsam einen Text? Welche Musik verwenden wir, welche Farbgebung, welche schon vorhandenen Fotos und Videos der Schreibwerkstatt-Aktivitäten?

Anschließend teilten wir uns in drei Gruppen auf und entwickelten Konzepte für das Drehbuch, die in einem vereint werden müssen.

Wir hatten nun ein Thema, coole Ideen und eine Struktur für unseren Film. Die Aufgaben waren verteilt (Fotos und Videos der vergangenen Jahre sichten und auswählen, Filmmusik suchen, Drehbuch schreiben, Texte einsprechen, in denen wir unsere Aktivitäten vorstellen und über unsere Motivation sprechen, die Schreibwerkstatt zu besuchen). Dann arbeiteten wir sehr motiviert an der Umsetzung. Es gab viel zu tun!

Schritt 2 – Besprechungsrunde der Gruppe am 4. Juli und Fragen beantworten zur Schreibwerkstatt

Unsere Vorbereitungen folgten einem Zeitplan . Alle hatten ihre Aufgaben erfüllt, so dass uns zum Treffen eine Drehbuch-Rohfassung vorlag, ausgewählte Fotos und Fragen zur Schreibwerkstatt, die die anwesenden Teilnehmer schriftlich beantworten sollten. Diese und die Aussagen zu unseren Projekten wurden zusammengefasst und im Drehbuch integriert. Danach ging die Drehbuch-Version an Andrea Iannetta, der Tipps gab, was noch geändert werden musste. Was uns noch fehlte, war Musik zum Film. Wir suchten noch nach GEMA-freier Musik.

Schritt 3 – Dreitägiger Videoschnitt-Workshop beim Landesverband Kinder- und Jugendfilm (kijufi)

Ein Teilnehmer berichtet:

„Der Workshop zum Videoschnitt fand unter der Woche an drei Tagen nachmittags in der Geschäftsstelle von kijufi statt. Aufgrund von Seuchenschutz saßen die acht Teilnehmer im großen Saal, der früher eine Essenskantine war, zwar weit voneinander entfernt, nach der Einführung aber setzten wir uns an einen großen Tisch und konnten uns untereinander austauschen.

Der Workshop selbst bezog sich auf die essentiellen Basics. Der Dozent Robin Plenio hat erklärt, wie das Schnittprogramm an sich funktioniert, was mir die Möglichkeit gegeben hat, nach dem Workshop weiter das Schnittprogramm zu erkunden.
Ich habe auch mitbekommen, dass wir technischen Aspekt beherrschen werden, das Entscheidende aber der inhaltliche Schnitt und die Komposition sind. Deshalb war es sinnvoll, das Schneiden als Erstes kennenzulernen, da sich daraus alles andere erst ergibt. Das Prinzip des Vom-Ende-her-Denken hat sich hier wieder ausgezahlt.“

Schritt 4 – Treffen am 18. Juli mit Andrea Iannetta zur Besprechung der endgültigen Drehbuch-Fassung

„Am 18.07.2020 haben wir weiter am Drehbuch gearbeitet. Mit dabei waren TeilnehmerInnen vom Imagefilmprojekt und Andrea. Dabei sind wir Szene für Szene durch gegangen. Alte Ideen wurden verbessert, neue sind zustande gekommen. Ein Beispiel dafür ist der Anfang des Imagefilms: Zuerst wollten wir eine Aufnahme von Google Earth benutzen, in der zu Marzahn hin gezoomt wird, letztendlich haben wir uns für eine persönlichere Variante entschieden. Wir wollen eigene Aufnahmen von bekannten Plätzen von Berlin und Marzahn benutzen, um den Film einzuleiten. Aber auch sonst musste noch am ersten Drehbuchentwurf herumgefeilt werden. Es fehlte zwar nicht an Ideen und Text, sondern im Gegenteil. Die vielen Sätze über die Schreibwerkstatt, die in den Film kommen sollten, müssen gekürzt werden. Die Regisseurinnen Vic und Cassy haben zwar schon Sätze gestrichen, aussortiert und geordnet, doch gerade wenn es zu den vielen Projekten kommt, müssen die detaillierten Sprechanteile noch gekürzt werden, dafür hat sich Sophie bereit erklärt.

Die verschiedenen Ideen und die Zusammenarbeit der Schreibwerkstattgruppe ist wichtig für die Entstehung über den eigenen Imagefilm, jedoch können erstere auch manchmal im Wege stehen. So blieb die stark diskutierte Frage, ob man bei den Projekten mit Bildern arbeiten soll oder lieber nur mit bewegten Bildern, sprich Videos, unbeantwortet. Bis jetzt haben die Regisseurinnen 100 Fotos
von fast 1000 ausgewählt; die Entscheidung, welche am Ende wirklich im Film landen, muss noch getroffen werden.
Ein großer Fortschritt ist, dass durch das zweite Treffen nochmal alles besprochen werden konnte. Jeder hatte nochmal die Chance, seine Meinung zu sagen und zusammen haben wir am Ende ein bearbeitetes Drehbuch gehabt, mit dem alle einverstanden waren.“ (Text: Louise Ottschofski)

Schritt 5 – Techniktraining beim Landesverband Kinder- und Jugendfilm (kijufi) mit anschließender 14-tägiger Ausleihe der Filmtechnik

Auch ein fünfminütiges Video erfordert viele Vorbereitungen. Neben dem Drehbuch (das übrigens so gut wie fertig war) muss auch die Technik beherrscht werden. Deshalb informierten sich am 28.08.2020 vier Teilnehmerinnen des Filmprojekts in den Räumen von Kijufi – Landesverband Kinder- und Jugendfilm Berlin e.V. über die Bedienung des Equipments. Schnell war klar, welche Kameras und Mikros wir nehmen. Durch eine kleine Einführung wurden wir mit den Geräten vertrauter gemacht.

Am Ende wurde noch einmal alles gecheckt und überprüft: Hatten wir die Akkus, die SD Karten? Danach haben wir noch ein wenig diskutiert, ob ein Mikro reichen würde oder zwei besser wären. Am Ende hatten wir drei. Der Grund, weshalb der Workshop so kurz war: es war eher eine kleine Einführung. Uns wurde alles gezeigt, vorgeführt, wir wurden eingewiesen. Das Suchen nach dem An- und Ausschalter und nach dem Anschluss fürs Mikro bleibt uns dadurch generell erspart. Zu viert mit der Technik in vier Taschen verpackt, sind wir dann losgegangen und zu zweit in der Bibliothek angekommen. (Text: Louise Ottschofski)

Schritt 5 – Erster Drehtermin – Live zur Schreibwerkstatt am 01.08.2020

Nach akribischer Vorbereitung durch die Regisseurin Vic war das Filmteam bestens vorbereitet für den ersten Dreh. Sie hatte das Drehbuch entsprechend den Empfehlungen von Andrea Iannetta überarbeitet und einen detaillierten Drehplan erarbeitet, den alle vorher zur Kenntnis erhielten.  Die erste Session erfolgte direkt zur regulären Schreibwerkstatt, damit live authentische Momente eingefangen werden konnten. 15 Teilnehmer waren anwesend. Das Filmteam traf sich früher, um die Technik auszupacken und einsatzbereit vorzubereiten und die Schritte nochmal abzusprechen. Während die Schreibwerkstatt in gewohnter Weise ablief, liefen parallel die Dreharbeiten. Zunächst wurde die Szene gedreht, in der eine Teilnehmerin von der Tram-Haltestelle zur Bibliothek läuft und einen imaginären neuen Interessenten (verkörpert durch die Kamera) mitnimmt über den Victor-Klemperer-Platz zum Freizeitforum Marzahn bis in die Bibliothek. Die Aufnahmen fanden direkt an  und in der Bahn statt und erregten natürlich die Neugier der Fahrgäste, aber niemand nahm Anstoß daran.

Weiter gings dann in der Bibliothek. Die Teilnehmerin brachte den „Neuling“ mit in die Gruppe, die sich in der Artothek schon in lustiger Runde versammelt hatte. Die Kamera alias neuer Teilnehmer zögerte und wurde von Vic freundlich hereingewunken. Danach eröffnete Renate die Schreibwerkstatt, erteilte eine Schreibaufgabe und die Kamera fing auch diesen Moment ein. Es folgten an einem separaten Ort der Bibliothek die Aufnahmen der Sprechrollen, die im Laufe des Videos später eingeblendet werden. Wie beim Arzt wurden nach und nach die Akteure aus der Runde dorthin gebeten, die am 2. Drehtag keine Zeit hatten. Nach ca. vier Stunden war alles im Kasten. Ein zweiter Termin folgte eine Woche später. Er war erforderlich, um auch diejenigen, die zum ersten Termin nicht da waren, ins Bild zu bekommen. Dank Vics Leitung lief alles nach Plan und alle waren total gespannt aufs Ergebnis!

Schritt 6 – Zweiter Drehtermin am 08.08.2020

Erfreulicherweise waren fast alle vor Ort, mit denen noch Film- und Tonaufnahmen geplant waren, trotz 35 Grad Celsius Außen- und auch Innentemperatur. Während das Filmteam nach und nach die „Darsteller“ vor die Kamera holte,

vertrieb sich der Rest der Gruppe in der fast unerträglich aufgeheizten Artothek mit merkwürdigen Schreibspielchen, mit Lesen und  angeregten Gesprächen die Zeit. Einige bastelten unermüdlich aus bunten Papierservietten Unmengen an fluffige Blumen, aus denen später die Buchstaben S und W für SchreibWerkstatt gelegt werden sollten.

Wichtig war auch, dass mehrere Durchläufe festgehalten wurden, um dann die besten Szenen daraus zu verwenden. Deshalb wurde auch nochmal ein ganz normaler Schreibnachmittag durchgespielt, während unser Kameramann Kenneth aus allen möglichen Perspektiven das Geschehen filmte.

38 leere Flaschen Eistee später wurde für die Schlussszene auch das Dach mit einbezogen. Kenneth zoomte mit der Kamera aus der Artothek hinaus in den blauen Himmel.

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Nun wurden für die Darstellung der Verortung der Schreibwerkstatt an externen Schauplätzen noch Aufnahmen gemacht, dann mussten wir die von kijufi geliehene Filmtechnik wieder zurückgeben. An dieser Stelle sei dem Landesverband Kinder- und Jugendfilm und dem Regisseur Andrea Iannetta nochmal ganz herzlich gedankt für die großartige Unterstützung!

Als alles im Kasten war, kam der aufwändigste Teil des Filmemachens auf das Team zu: Sichtung und Schnitt des umfangreichen Materials. Wir waren alle schon so gespannt!

Schritt 7 – Weitere externe Aufnahmen und Videoschnitt

Startsequenz
Szene aus der Schreibwerkstatt
Die Leiterin hat das Wort

Schritt 8 – Teamausflug zum Filmpark Babelsberg

Von Anfang an war geplant, falls Geld übrig bleibt, dass wir davon einen Ausflug in den Filmpark Babelsberg finanzieren. Nun war es soweit und es hieß: Obwohl Sonntag ist, müssen wir alle sehr zeitig aus den Betten, denn wir wollten den Tag voll auskosten und uns gleich zur Öffnung um 10 Uhr am Eingang treffen. Das klappte auch relativ gut, nur ich kam zu spät, weil eine U-Bahn ausgefallen war. Bevor wir reingingen, wurde erst mal vor dem großen Löwen posiert:

Der Einlass war noch unkomplizierter, als erwartet und wir vereinbarten, uns zum öffentlichen Filmtiertraining um 11 Uhr zu treffen. Ich verschwand erst einmal im Shop und legte mir eine neue Frisur zu:

Das Tiertraining war für alle sehr unterhaltsam und wir lernten so einiges dazu, wie es hinter den Kulissen zugeht, wenn Tiere mit im Spiel sind:

Danach teilten wir uns wieder in Grüppchen auf. Während die anderen alles mitmachten, was angeboten wurde, schlenderte ich hin und her und erfreute mich an den verblüffend echt wirkenden Skulpturen und hing wehmütig Erinnerungen nach an Janoschs Panama und die Tigerente und Peter Lustig in seinem Bauwagen, der dort ausgestellt ist.

Die Stunden verflogen und schon war es Zeit für das absolute Highlight des Tages: Die Stuntshow im Vulkan:

Es war ein total schöner Tag, auch das Wetter war uns gnädig. Nun musste Kenneth noch letzte Hand anlegen, die Videoschnipsel zusammenfügen und mit Musik unterlegen.

Schritt 9 – Die lange Version des Films ist fertig!

Am 13.11.2020 war es soweit – Kenneth hatte ein grandioses Ergebnis geliefert! Aus geplanten 5 Minuten waren 11 geworden, aber man möchte davon keine Sekunde missen. Der Film stellt in aller Kürze dar, was wir in den 10 Jahren schon alles auf die Beine gestellt haben. 5 Minuten hätten dafür einfach nicht ausgereicht. Alle Mitwirkenden haben sehr gute Arbeit geleistet – die Begeisterung kommt authentisch rüber. Nach kleinen Korrekturen ging das Video am 19.11.2020 online! Und hier ist es:

„Jeder kann schreiben“ – Image-Video der Schreibwerkstatt Marzahn