6. Storytausch mit Micha Ebeling

Storytausch-Projekt Nr. 6 mit dem Autor Micha Ebeling trägt den Titel „Wie der Beifuß die Welt rettete“. 12 junge Autorinnen und Autoren haben sich dieses Mal beteiligt. Das erforderte strenge Disziplin bei den zeitlichen Vorgaben. Zehn Tage standen jedem maximal zum Verfassen seines Kapitels zur Verfügung.
In einem ersten Arbeitstreffen vor fast einem Jahr wurde festgelegt, dass der Schauplatz hauptsächlich Tschernobyl sein wird und dort wundersame und mysteriöse Dinge geschehen werden. So ist es dann auch passiert – wie immer zeugt auch diese Story von der überbordenden Fantasie ihrer Autorinnen und Autoren und hat so manche Überraschung zu bieten. Micha Ebeling ist es hervorragend gelungen, immer wieder die Fäden zusammenzuführen.

Micha Ebeling (1)

Micha Ebeling

Die Druckfassung  ist fertig und kann hier abgerufen werden:

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Cover

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Umschlag innen

 

Das Layout übernahm dankenswerterweise wieder Antje Püpke, die Finanzierung des Drucks übernahm der Förderverein der Stadtbibliothek Marzahn-Hellersdorf und auch die Illustrationen wurden wieder von drei der Autorinnen beigesteuert.

Hier gehts zu den Fotos von der Storytauschlesung am 25.11.2016 (Fotos von Frank Ludwig)

Vorwort

Nach dem letzten Storytausch mit Jenny-Mai Nuyen hatte ich mal wieder Lust auf was richtig Verrücktes und begab mich auf die Suche nach einem Berliner Autor mit Humor. Das ist natürlich nicht so einfach, denn der Schöpfer lustiger Texte muss nicht zwangsläufig eine Spaßkanone sein. Aber nachdem ich mir Michas Buch “Restekuscheln” in Erinnerung gerufen und auf Youtube die Mitschnitte seiner Lesebühnenauftritte angesehen hatte, war ich mir ganz sicher, dass er wunderbar zu uns passt und schickte ihm eine Anfrage. Als dann von Micha die Zusage für den nunmehr sechsten Storytausch kam, war ich überglücklich und auch meine Schreiberlinge freuten sich auf die nächste Runde. Im Dezember sollte es losgehen, doch vorher wurde ein Kennenlerntreffen einberufen, zu dem auch über den berühmten roten Faden beraten werden sollte. Worum soll es gehen, Schauplatz, Personen, Zeit- und Erzählform mussten festgelegt werden. Dass Micha Ebeling auch kreatives Schreiben unterrichtet, merkte man an seiner zielstrebigen Gesprächsführung. In kurzer Zeit stand fest, dass der Hauptschauplatz Tschernobyl sein sollte und es dadurch jedem Autor ermöglicht wurde, sein favorisiertes Genre auszuleben. Das Protokoll der Weisen von Zion, Chem-Trails, Hohlwelten, die Titanic, Wikinger, Astronauten und Reptilienmenschen sollten darin vorkommen. Als zentrale Handlung wurde festgelegt, dass eine Person aufgrund eines Leidens nach Tschernobyl fährt, da es laut Gerüchten dort wundersame Heilungen geben soll. Er trifft dort eventuell auf Ansässige, andere Heil- oder Extremtouristen, die den Kick der Sperrzone suchen. Es wurde auch über einen geheimen Ort nachgedacht, an dem Wächter existieren, die eventuell auch “besondere Wesen” sein könnten. 4 Da bei uns offenbar das Motto herrscht: “Pläne sind dafür da, nicht eingehalten zu werden!”, findet man außer des Schauplatzes von all dem Genannten nichts mehr in der Geschichte. Das ist ja auch das Spannende an solchen Gemeinschaftsprojekten, mitzuerleben, welche Eigendynamik sich da entwickelt! Dass man eben nicht auf Teufel komm raus stur am Fahrplan festhalten kann, dass man aber unter Umständen auch von den eigenen Vorstellungen abweichen muss, weil sie wegen der “merkwürdigen” Ideen der Vorgänger einfach nicht mehr passen. Mitschwimmen im Strom und trotzdem die Individualität wahren, den bisherigen Verlauf akzeptieren und der Geschichte mit originellen Wendungen den eigenen Stempel aufdrücken, ohne deren Logik zu gefährden, war für jeden wieder eine Herausforderung. Micha sah sich außer als Co-Autor auch in der Rolle des Lektors und Schreibcoachs, die er sehr ernst nahm. Das war für mich und auch die Schreiberlinge neu. Bisher wurde alles (außer gravierender inhaltlicher Fehler) als gegeben hingenommen und das Beste daraus gemacht, dieses Mal wurden ganze Kapitel zerpflückt und wieder neu zusammengesetzt. Micha sah ganz genau hin, ihm entging nichts. Aber das war gut und äußerst lehrreich, da alle vermittelt bekamen, dass Schreiben ein Handwerk ist, das wie jedes andere erlernt werden muss, dass sich den anderen die Genialität des eigenen Textes nicht immer erschloss und man vielleicht doch auch mal Fehler macht. Es herrschte jedesmal große Spannung – was wird Micha wohl zu meinem Kapitel sagen? Kurz und gut – es wurde wie noch nie in unseren Storytauschprojekten viel diskutiert, geändert und sogar gestrichen. Einem ging dabei leider die Motivation zum Neuschreiben abhanden, ein anderer sah sich außerstande, seine Ideen denen der anderen anzupassen. Die Verantwortliche für das Schlusskapitel scheiterte an dieser großen, verantwortungsvollen Aufgabe, hat aber gelernt, nach anfänglichen 5 Ausreden dazu zu stehen. So präsentieren wir nun erstmalig eine Geschichte mit offenem Ausgang. Meine ersten Impulse waren Ärger, Wut, Beschämung, versagt zu haben und das Gefühl, dass alles umsonst war. Die WhatsApp-Schreibgruppe hüllte sich dazu in Schweigen. Aber als Kristina schrieb: “Ist doch gut! Mal was Neues. Das macht es doch sicher interessanter…”, drehte sich mein Kompass auf positiv und flüsterte mir die Idee ein, die Leser mit ins Boot zu holen. Je länger ich darüber nachdachte, um so besser gefiel mir die Idee, ich hoffe, allen anderen auch! Ich danke den Illustratorinnen für die Bilder und Antje Püpke für das aufwändige Layout. Auch den Förderverein der Stadtbibliothek Marzahn-Hellersdorf möchte ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen, denn ohne dessen finanzielle Unterstützung gäbe es diese Broschüre nicht. Ich danke allen beteiligten jungen Autorinnen und Autoren für ihren Anteil am Gesamtwerk und hoffe, sie sind bei Nummer 7 wieder mit dabei. Ganz besonders möchte ich Micha Ebeling danken. Es war mir eine große Freude und persönlicher Gewinn, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wenn ich auch manches Mal in Anbetracht seiner langen Mails gestöhnt habe – er hatte immer Recht und ich habe viel gelernt! Natürlich alle anderen auch einschließlich seiner selbst. Die Meinungen der Teilnehmer sprechen da für sich. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern viel Vergnügen beim Lesen und originelle Ideen für den Ausgang der Geschichte.

Berlin, 25.11.2016