Archiv des Autors: Renate Zimmermann

Über Renate Zimmermann

Leidenschaftliche Fußgängerin, Bibliothekarin, Leiterin der Schreibwerkstatt Marzahn und Organisatorin von Reisen und Projekten, hier dokumentiert.

Volles Haus

Es wird immer noch unterschätzt, wie viele junge Menschen in ihrer Freizeit schreiben. Die Formate sind dabei sehr vielfältig. Von Kurzgeschichten, Gedichten, Romanen bis hin zu Briefen als Kommunikationsmittel mit den Eltern ist alles dabei. Diejenigen, die letztendlich den Weg in unsere Schreibgruppe finden, sind vermutlich nur ein Bruchteil davon. Manche bleiben dann über Jahre treue Mitglieder, andere schauen nur mal kurz vorbei und gehen dann andere Wege. Auf jeden Fall merke ich immer wieder, wie wichtig dieses Angebot ist, zumal es nicht allzu viele derartige Möglichkeiten gibt, sich live mit Gleichgesinnten auszutauschen und gemeinsam vielerlei Projekte zu stemmen. Zur Märzwerkstatt fanden sich mehrere neue und insgesamt 23 junge Autorinnen und Autoren ein, zwei davon kamen wegen Corona online dazu.

Nach der Vorstellungsrunde mussten zunächst organisatorische Dinge besprochen werden:

  • Storytausch 2022 mit Vincent Kliesch
  • das Angebot, kostenlos am bundesweiten Treffen der Literanauten in Bad Hersfeld teilzunehmen
  • Einreichung eines Projektes und Beantragung von Fördermitteln über den Kinder- und Jugendbeteiligungsfonds, verbunden mit der Teilnahme an der Jugendjury. Nachdem wir so in den vergangenen vier Jahren schon erfolgreich Schreibreisen nach Eisenhüttenstadt und Prora, unseren Imagefilm und das Projekt “Unwertes Leben” finanziert hatten, waren sich alle schnell einig – wir machen wieder mit und einigten sich auf eine Reise auf den Spuren der Gebrüder Grimm.
  • Organisation einer kleinen Marzahner Buchmesse für Jugendbücher am 04.06.2022 in der Mark-Twain-Bibliothek. Geplant sind Tauschbörsen, Buchvorstellungen und Lesungen.

Danach gings endlich los mit Schreiben und zwischendurch natürlich Essen und Trinken.

Die erste Schreibaufgabe war eines der beliebten Umknickspiele: Jeder schreibt einen Satz und reicht das Blatt an seinen Nachbarn. Dieser schreibt einen zweiten Satz, knickt den ersten nach hinten weg und reicht das Blatt weiter. Da wir eine große Runde waren, dauerte das ein Weilchen. Das anschließende Vorlesen war von großer Heiterkeit geprägt, denn auf diese Art und Weise entstanden sehr witzige Texte, die hier nachzulesen sind:

Wenn so viele Mitwirkende vorlesen, ist ganz schnell eine Stunde rum. Deswegen gabs danach nur noch eine weitere Schreibaufgabe – setze die Personen auf dem Foto in Beziehung zueinander und schreibe einen Text dazu:

Und schon war es 17:30 Uhr. Einige verabschiedeten sich, andere blieben noch zum Werwolfspiel, das die Spielleiterin im Turbogang durchpeitschte.

Meine persönlichen Highlights: Einer der Teilnehmer – ein stiller Junge und auch erst zum zweiten Mal dabei, verabschiedete sich mit den Worten: “Hat Spaß gemacht!” Und von einem Mädchen bekam ich einen leuchtend gelben Frühlingsstrauß überreicht, der jetzt mein Wohnzimmer schmückt.

Ein bisschen Wehmut verursachte die Nachricht einer langjährigen Teilnehmerin, dass sie sich nun bis Oktober nach Japan verabschiedet. Für mich traurig, denn sie verhalf mir oft in der Runde zu Gehör, wenn mich mal wieder niemand beachtete 😉 Aber ich freue mich auch für sie, denn sie hatte wegen Corona schon so lange darauf warten müssen.

Klein, aber fein

Das Februar-Treffen der Schreibwerkstatt unterschied sich von den sonst üblichen in mehrerer Hinsicht. Es war eine ungewöhnlich kleine Runde, durch Geburtstagsfeiern und andere Gründe war die Stammbesetzung fast komplett verhindert. Dafür gab es aber gleich drei Neue, die den Nachmittag mit ihrer Teilnahme bereicherten. Schon lange nicht mehr wurde so konzentriert gearbeitet. Die Stille im Raum während der Schreibphasen war fast ein bisschen unheimlich, denn sonst geht es viel lauter und unruhiger zu. Es wird geschwatzt, gelacht und gefuttert, doch dieses Mal war es wie im Deutschunterricht und ich fühlte mich wie eine Lehrerin, vor der alle größten Respekt haben. So richtig konnte ich damit gar nicht umgehen, obwohl dadurch die Resultate der Schreibübungen nicht zu toppen waren. Und noch eine Merkwürdigkeit gab es: so gut wie alle Naschereien blieben unberührt! Ich denke aber, das wird eine Ausnahme bleiben oder besser gesagt: ich hoffe es!

Womit haben wir uns beschäftigt? Nach einer Aufwärmübung (Umknickspiel) suchte sich jeder aus mehreren Fotos von außergewöhnlichen Personen zwei aus, um diese in einer Geschichte miteinander in Beziehung zu setzen. Das war nicht immer einfach, aber nach anfänglichen Schwierigkeiten kamen schließlich alle in den Schreibflow. Folgende Paare wurden ausgewählt:

Einer der neuen Teilnehmer stellte zum Schluss noch eine mit eigenen Illustrationen bewundernswert liebevoll in Szene gesetzte Geschichte vor, über die anschließend diskutiert wurde. Was mich besonders gefreut hat – es gab mal wieder eine Runde Werwolf, die zudem erfrischend forsch moderiert wurde. Nun bin ich auf die März-Werkstatt gespannt. Kommen unsere drei Neuen wieder? Ich bin zuversichtlich!

Märchenstunde

Das Schreibtreffen am Vorabend des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit begann mit einem Geburtstagsständchen für mich. Aus 18 Kehlen schmetterte es mir entgegen: “Happy Birthday to you!” Geistesgegenwärtig nahm ich diesen Chorus mit meinem Diktiergerät auf, um die Hymne hier in meinem Blog zu verewigen. Leider verließ mich diese Be”geist”erung kurz darauf wieder und ich löschte die Aufnahme aus Versehen. So kann ich also an dieser Stelle nur schwören, dass es sich so zugetragen hat inklusive Überreichung eines Geschenkes von Vic und Henriette. Dafür allerdings habe ich Beweisfotos:

Das Memoryspiel hats in sich und hilft mir bestimmt bei der Wiederbelebung meiner geistigen Beweglichkeit. Es werden nicht klassischerweise zwei identische Bildchen zusammengesucht, sondern Kartenpaare, die mit zusammengesetzten Substantiven beschriftet sind, die wiederum “geschüttelt” wurden (siehe Foto). Ich habe es schon mit großer Freude gespielt.

Trotz räumlicher Widrigkeiten (statt Fenster versperren momentan Staubschutzfolien den Blick auf die grüne Dachterrasse) hatten wir wieder viel Spaß. Nach einer mündlichen Runde (auf eine Ja- / Nein-Frage ohne Ja oder Nein antworten) hatten wir kurz die Künstlerin Barbara Klinker zu Gast, die zur Teilnehmergewinnung ein spannendes Projekt vorstellte namens “Urban Sound Marzahn”:

Danach widmeten wir uns dem Thema Märchen. Nicht jedermanns Metier, aber es entstanden sehr originelle Texte. Am 26.10.2021 um 16 Uhr sind wir eingeladen, den 10. Geburtstag des Inklusionstheaters im Freizeitforum Marzahn mitzugestalten. Dort werden dann einige der heute entstandenen Kurzmärchen vorgelesen. Deren Text wird hier noch nicht verraten, aber es folgen andere Beispiele:

Organisatorische Dinge mussten auch besprochen werden. Vom 14. – 17. Oktober begibt sich ein Teil der Schreibwerkstatt auf Schreibreise nach Prora. Finanziert wird diese in der Hauptsache mit Mitteln aus dem Jugenddemokratiefonds.

Am 27.11.2021 findet die Abschlusslesung des diesjährigen Storytausches mit Franziska Hauser statt und am 11.12.2021 holt Iny Lorentz die im letzten Jahr ausgefallene Lesung nach.

Unser nächster Storytauschautor für 2022 heißt Vincent Kliesch. Er schreibt Krimis und Thriller. Mal schauen, ob auch unser nächstes Buch kriminalistische Elemente enthält!

Zum Schluss trieben wie üblich wieder die Werwölfe ihr Unwesen. Es wurde ein harter und fast 1,5-stündiger Kampf ausgetragen, doch zum Schluss siegten die Guten – nämlich die Dorfbewohner.

Am 6. November treffen wir uns ausnahmsweise schon um 10 Uhr zum Schreibfrühstück.

Volles Haus

Unser September-Treffen zeichnete sich erfreulicherweise durch ungewöhnlich viele Schreibinteressierte aus. 17 junge Menschen saßen in großer Runde und gebührendem Abstand in der Artothek zusammen. Neu hinzugekommen unser 10jähriges Küken Julia und eine 15jährige und zu meiner großen Freude auch mehrere der “alten Garde”, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Viele studieren mittlerweile und Tim ist jetzt Azubi und somit quasi Kollege in einem anderen Stadtbezirk, nachdem leider seine Bewerbung bei uns von der Auswahlkommission nicht realisiert wurde.

Nach einer Vorstellungsrunde haben wir zunächst kommende Termine und Themen besprochen:

  • 17.09.2021 U18-Wahl in der Bibliothek
  • 18.09.2021 um 15 Uhr Lesefest “Spätlese” im Bürgerpark Marzahn
  • 14.-17.10.2021 Schreibreise nach Prora
  • 26.10.2021 um 16 Uhr Märchenfest im Freizeitforum mit der Möglichkeit, eigene 5min-Märchen vorzutragen
  • 27.11.2021 um 17 Uhr Storytauschlesung mit Franziska Hauser
  • 11.12.2021 um 17 Uhr Lesung mit Iny Lorentz, Storytauschautoren von 2020
  • Angebot zur Teilnahme an dem Projekt “Urban Sound Marzahn” – Wie klingt Marzahn? In kleinen Teams werden Musikstücke für ein Klang-Porträt der Lieblingsorte in Marzahn entwickelt.
  • Ausblick auf den Storytauschautor 2022 – Hoffentlich Vincent Kliesch, aber es steht noch nicht 100%ig fest.

Ihr seht – bei uns ist immer was los! Jetzt ist gerade das neue Storytauschbuch in Arbeit. Es gibt noch viel zu tun: Korrektur lesen, Satz und Layout und Isabel Dangus aus unserer Schreibwerkstatt illustriert wieder. Dieses Mal in Öl. Sie hat Kostproben mitgebracht und alle staunen über die Professionalität der Bilder.

Natürlich wurden auch die Geburtstagskinder des letzten Monats gewürdigt. Dann gings endlich los mit Schreiben. Zum Aufwärmen schrieb jeder drei Sätze, von denen einer gelogen war. Die anderen mussten herausfinden, welcher. Gar nicht so einfach. Danach sahen wir uns einen Kurzfilm an, zunächst ohne Ton. Die Aufgabe bestand darin, den Darstellern Worte in den Mund zu legen. Ein nochmaliges Abspielen – dieses Mal mit Ton – brachte die tatsächlichen Dialoge zutage.

Tim hatte auch eine interessante Schreibanregung mitgebracht. Alle sollten sich vorstellen, dass die Wahl schon vorbei ist und ein Szenario entwerfen, wie es in Deutschland in den Monaten danach zugehen wird. Zum nächsten Treffen im Oktober wollen wir uns dann unsere Visionen vorlesen und können dann überprüfen, was davon tatsächlich eingetroffen ist.

Als letzte Aufgabe mussten alle den Namen einer prominenten Person auf einen Zettel schreiben. Diese wurden eingesammelt und neu verteilt. Nun galt es, aus Sicht dieses Promis einen Fanbrief an sich selbst zu schreiben. Also Fanpost mal umgekehrt. Als Beispiel habe ich leider nur den von mir verfassten Brief verfügbar. Bzw. den Brief von Heidi Klum an mich:

“Liebe Renate, du glaubst gar nicht, wie viel es mir bedeutet, dass du immer für mich da warst, mir bis heute ein treuer Fan geblieben bist und stets zu mir gehalten hast. Es ist gar nicht so einfach, den kritischen Blicken der anderen immer standzuhalten. Manchmal habe ich nämlich auch meine schwachen Momente. Dann, in solchen Augenblicken, hilft es mir und baut mich auf, dich an meiner Seite zu wissen. Du bist ein Mensch, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann. Selbst Tom schätzt dich sehr. Manchmal, ehrlich gesagt, ein bisschen zu viel für meinen Geschmack. Es vergeht kein Tag, an dem er nicht von dir redet, so dass sich bei mir der Verdacht regt, er hätte mich nur geheiratet, um an dich ranzukommen. Aber im selben Moment schäme ich mich für solche Gedanken, sorry. Ich habe mich immer an dir orientiert, vor allem, was das Äußere betrifft. Intelligenzmäßig werde ich dein Niveau wohl nie erreichen, das ist mir bewusst und das akzeptiere ich auch. Muss ich ja. Bitte verlasse mich nicht, du hältst mich aufrecht, ohne dich wäre ich nie zu der geworden, die ich bin. Deine Heidi”

Nach einer obligatorischen Runde Werwolf und viele leere Eistee-Flaschen später geht ein anregender Nachmittag zu Ende. Noch ein bisschen aufräumen, Kuchenkrümel zusammenkehren und Vorbereitung der Artothek für die Klassenführung am frühen Montagmorgen habe auch ich Feierabend und freue mich schon aufs nächste Treffen.

Als wäre nichts gewesen

Welch eine Freude: Schreibwerkstatt in der Bibliothek! Wie lange haben wir darauf gewartet. Seit Oktober schien die Aussicht auf ein ein reales Treffen uneinholbar vor uns herzurennen. Letzten Monat war dann schon die Möglichkeit, dass wir uns im Freien treffen und heute – endlich – versammelte sich die Gruppe wieder in der Artothek. Das allein wäre schon Grund genug zum Glücklichsein gewesen, doch es gab noch einen weiteren Lichtblick: Wir hatten unsere diesjährige Storytauschautorin Franziska Hauser zu Gast. Bisher haben sich die Beteiligten am Storytausch nur online gesehen. Heute konnten sich alle davon überzeugen, dass es uns wirklich gibt.

Nach einer Vorstellungsrunde sprachen wir über unser gemeinsames Schreibprojekt. Ende Juni war eigentlich Abgabetermin für die Texte. Viele sind fertig, einige fehlen noch. Jeder bekommt von Franziska ein Feedback und eventuell Anregungen zur Feinarbeit am Text und die Gelegenheit war günstig, mit ihr darüber zu sprechen.

Sie brachte auch eine Schreibanregung mit. Jeder nannte eine seiner Kernkompetenzen, die anschließend gemischt und neu verteilt wurden. Daraus war dann ein Text zu verfassen. Es war gar nicht so einfach, über eine Fähigkeit zu schreiben, die einem eigentlich ziemlich fremd ist. Hat aber Spaß gemacht. Ich habe noch ein Umknick-Schreibspiel angeleitet, das sehr witzige Ergebnisse zur Folge hatte. Einige hatten Texte zum Vorlesen und Diskutieren dabei. Und zum Abschluss spielten wir nach langer Abstinenz Werwolf. Leider war ich dieses Mal keiner. Das ist nämlich die einzige Rolle, die ich überzeugend darstellen kann.

Das alles wurde in gewohnter Weise von vielen Leckereien begleitet. Von Obst über Actimel bis hin zu selbstgebackenem Kuchen war alles dabei. Es war ein sehr lustiger Nachmittag!

Schreiben im Garten

Wiederbelebt!

Nach siebenmonatiger Pause durfte sich unsere Schreibgruppe wieder in der realen Welt treffen. Mein Versuch, mittels Zoom die Schreibwerkstatt während ihrer rein digitalen Existenz am Leben zu erhalten, gelang mehr schlecht als recht und ich hatte deswegen in pessimistischen Momenten die traurige Vision, dass wir nie wieder zu dem fröhlichen Treiben wie vor der Pandemie zurückfinden würden. Aber wie es aussieht, gibt es für ein solch düsteres Szenario keinen Grund. Elf junge Menschen fanden sich am Treffpunkt Umweltbildungszentrum im Kienbergpark ein und man hatte kurz das Gefühl, Corona hätte es nie gegeben. Fröhlich plaudernd und lachend begrüßten sich alle. Meinem Plan, den langen Tisch am Weg hinter dem ehemaligen Weltacker in Beschlag zu nehmen, waren die pralle Sonne und vor allem Brennesseln zuvor gekommen.

Zum Glück bot Paul uns eine noch viel bessere Alternative an – den Garten seiner Eltern. Gesagt – getan, wir wanderten auf einem wunderschönen Weg dorthin, entlang einer Apfelbaumsorten-Ausstellung. Allerdings schien nur ich diese zu bemerken, der Rest war beschäftigt mit angeregter Konversation.

Im Garten angekommen, hatten wir viele Optionen des Zeitvertreibs: Unkraut jäten, Trampolin aufbauen, Planschbecken aufblasen, schattige Sitzecke einrichten. Wir entschieden uns für letzteres. Der große Tisch war in Sekundenschnelle zur gewohnten Nasch- und Futterinsel umfunktioniert, so dass sich spätestens jetzt echtes Schreibwerkstatt-Feeling einstellte.

Erste Amtshandlung: den Geburtstagskindern der letzten sieben Monate ihre Geschenke überreichen. Danach erzählten wir einander und dem Diktiergerät meines Handys, wie wir die Zeit des 3. Lockdowns verbracht haben, wie es uns ergangen ist und warfen einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Daraus werde ich eine Folge für den Bibliothekspodcast gestalten. Hier schon mal exklusiv vorab:

Danach probierten wir die Geschichtenbox aus. Jeder wählte eine Themenkarte und eine Karte mit Hinweisen zur Schreibtechnik. Die Ergebnisse konnten sich sehen (hören) lassen.

Es ist für mich jedes Mal wieder ein Rätsel, wie man pausenlos quatschen und trotzdem nebenbei tolle Geschichten schreiben kann!

In der zweiten Aufgabe notierten wir reihum ein Wort, das sich auf die Natur bezieht, einen Gegenstand, den wir täglich benutzen und ein Lieblingswort. Mit diesem Wortmaterial musste der Sitznachbar einen Satz formulieren:

Zum Schluss las Cassy ein Gedicht vor, das alle sehr beeindruckte und den Bogen schlug zu unserer Gesprächsrunde am Anfang. Hier der O-Ton:

Werwolf musste ausfallen, da sich erstens kein Spielleiter fand, zweitens ich das Spiel nicht im Gepäck hatte und drittens es schon fast 18 Uhr war. Das holen wir beim nächsten Mal nach – dann bestimmt in der Bibliothek. Ich freue mich drauf!

The last Zoom?

Von Monat zu Monat schleifen wir die Hoffnung auf ein reelles Wiedersehen hinter uns her. Auch das Mai-Treffen musste wieder online stattfinden. Doch nun sehen wir Licht am Ende des Tunnels. Es besteht die begründete Hoffnung auf eine offline-Schreibwerkstatt! Wenn schon nicht in der Bibliothek, dann zumindest unter freiem Himmel. Doch werfen wir vorher noch einen Blick zurück auf die Ergebnisse vom 8. Mai.

Erste Schreibaufgabe

Zur Inspiration wurde folgendes Bild gezeigt:

Davon ausgehend, sollten sich alle Gedanken machen, was dieser Situation vorausgegangen sein könnte und wie es nun weitergeht. Die Story wurde auf Etherpad gemeinsam entwickelt und ist hier nachzulesen:

Zweite Schreibaufgabe

In einer Fortbildung, veranstaltet vom literarischen Colloquium Berlin, lernte ich die Webseite “Echt absolut” kennen. Dort geht es um das literarische Übersetzen mit Jugendlichen, das nicht zwingend Kenntnisse in der zu übersetzenden Sprache voraussetzt. Aus der umfangreichen Materialsammlung suchte ich mir ein Spiel raus, das sich “Geschummelte Übersetzung” nennt. Ausgangspunkt war ein schwedisches Gedicht, das nach Gehör ins Deutsche übertragen werden sollte und erstaunlich glaubhafte Ergebnisse zutage förderte:

Original – Ausgangstext aus dem Schwedischen von Lars Gustafsson (2012)

Flickan

En dag står livet

milt leende som en flicka

plötsligt på den andra sidan utav bäcken

och frågar

(på sitt förargliga sätt)

Men hur hamnade Du där?

(https://www.lyrikline.org/de/gedichte/flickan-1550)

Profiübersetzung von Verena Reichel: Lyrik-Übersetzerin mit Sprachkenntnissen der Ausgangssprache

Das Mädchen

Eines Tages steht das Leben

sanft lächelnd wie ein Mädchen

plötzlich auf der anderen Seite des Baches

und fragt

(auf seine spöttische Art)

Aber wie bist du da gelandet?

Schummelübersetzung von Henriette

Ohne Titel 

Ein Hund starrt lebhaft,

mir leiht er einen Blick.

Plötzlich für den anderen, Sie dann unter Schrecken 

Oh der Duft! 

(Für seither furchterregend er saß)

Meines Herzen Heimat du dich traust 

Schummelübersetzung von Louise

Funkeln

Ein Tag in dem die Sterne leben/

mild funkelt die Sonne ins Land/

plötzlich auf der anderen Seite ist ein Bach/

ohh Verlässlicher/

(Im Sitzen die Saat des Frühlings betrachtend)

Mensch was für Freunden bringst du mir dar?

Schummelübersetzung von Cassy

Schummelübersetzung von Klaudia

Dritte Schreibaufgabe

Grundlage für die letzte Übung war diese Webseite: Versteckte Verse

In Originaltexten werden Wörter markiert und alle anderen anschließend geschwärzt. So kristallisierten sich aus dem Grundgesetz, den “Leiden des jungen Werther”, “Hänsel und Gretel” und anderen Textvorlagen sehr interessante, neue Zusammenhänge heraus. Eine Wortspielerei, die großen Spaß machte:

Und nun freuen wir uns auf den 5. Juni. Drückt uns die Daumen, dass unser Traum vom Wiedersehen in der realen Welt Wirklichkeit wird!

Heute spielen wir

Unter diesem Motto trafen wir uns heute zum regulären Schreibwerkstatt-Samstag auf Zoom, um endlich mal wieder Werwölfe jagen zu können. Das letzte Mal war das vor gefühlt einem Jahr der Fall und somit einfach mal wieder nötig! Nachdem das Februar-Treffen von Corona-Müdigkeit geprägt war, weckte die Aussicht auf unser Lieblingsspiel doch ein paar Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehr an den Laptop. Henriette brillierte als souveräne Spielleiterin und gab uns das Gefühl, direkt in der Bibliothek zu sitzen, es war wie in alten Zeiten. Amor, die Seherin, der Obdachlose und andere Dorfbewohner traten gegen die Werwölfe an, die wie immer bis zum Schluss versuchten, die anderen von ihrer Unbescholtenheit zu überzeugen und heimlich des Nachts ein Opfer zu verspeisen. Wir hatten viel Spaß und schafften sogar drei Runden.

Danach gings weiter mit Among Us. Einige verabschiedeten sich aus der Runde, andere kamen dazu – je nach Spielvorlieben. Zugegebenermaßen bin ich dieses Spiel betreffend an Ahnungs- und Kenntnislosigkeit nicht zu überbieten und somit war meine Figur auch gleich nach wenigen Augenblicken tot.

Das war aber nicht weiter schlimm, vermutlich funktionierte der Ablauf danach sogar besser! Ich habe mich jedenfalls gefreut, dass sich der harte Kern mal wieder getroffen hat und ich hoffe inständig, dass in Aussicht stehende wärmere Temperaturen demnächst eine Offline-Vor-Ort-Schreibwerkstatt im Freien möglich machen.

Digitale Ermüdungserscheinungen

Erster Samstag im Monat – Schreibwerkstatt! Das ist seit 10 Jahren eine durch nichts zu erschütternde Tatsache. Weder durch Feiertage, Ferien, schlechtes oder zu gutes Wetter, BVG-Streik, Familienfeiern, bevorstehende Prüfungen noch irgendwelche anderen Hindernisse. Nichts konnte bisher wichtiger sein als das Treffen mit Gleichgesinnten in der Mark-Twain-Bibliothek. Doch Corona hat es geschafft, diese eingeschworene Gemeinschaft in Einzelpersonen zu zerlegen, die sich mehr oder eher weniger gut mit der digitalen Notlösung anfreunden können. Schon seit November – also heute zum vierten Mal – können wir uns nur im virtuellen Raum zusammenfinden. Das wäre ja vielleicht sogar eine gute Alternative, wenn da nicht auch das Homeschooling wäre. Alle, die Schule einigermaßen ernst nehmen (und da zähle ich meine “Schreiberlinge” dazu), sitzen sowieso schon Stunde um Stunde am PC, um dort den Unterricht der anderen Art zu absolvieren. Und dann auch noch virtuelle Schreibwerkstatt? Ohne die räumliche Nähe in der Bibliothek, ohne gelegentliche Umarmungen, ohne die spür- und sichtbare Verbundenheit und ja – auch ohne Eistee und Knabbereien fehlt einfach die Motivation. Das verstehe ich sehr gut.

So waren wir heute auch nur zu fünft: die zuverlässige Franziska Hauser – unsere Storytauschautorin, drei Teilnehmerinnen und ich. Erst machte sich bei mir ein bisschen Enttäuschung breit, aber letztendlich verstehe ich es. Und wenn man hört, wie es den Jugendlichen momentan so geht und wie sehr ihnen die Bibliothek fehlt, kann man das erst recht nachvollziehen:

Ich hoffe nur, dass wir in Nachcornonazeiten wieder zueinander finden, bin aber zuversichtlich. Wir werden es feiern! Mit einer großen Party!

Trotzdem war unser Treffen letztendlich sehr schön. Wir haben ein bisschen gequatscht, mittels eines Schreibspiels Titel für Netflix-Serien entwickelt und alltägliche Straßenszenen reißerisch kommentiert. Franziska empfahl und noch ein Buch, das sie gerade liest: “Fräulein Nettes kurzer Sommer” von Karen Duve.

Ob wir uns wohl im März wieder leibhaftig begegnen können?

Wir zoomen uns zusammen

Nie wurde es deutlicher als jetzt im Lockdown – der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir brauchen einander, den Austausch, gemeinsame Erlebnisse, Körperkontakt. Ja, man kann vieles kompensieren, sich virtuell treffen, sich sehen, miteinander reden. Man sollte meinen, dass die Rolle von Social Media wichtiger denn je ist und von vielen verstärkt genutzt wird, um die fehlenden Begegnungen zu ersetzen. Aber so ist es nicht. Jedenfalls nicht in der Schreibwerkstatt. Sie lebt von den Treffen in der Bibliothek, der monatlichen Wiedersehensfreude, dem Lachen, den Streitgesprächen, dem gemeinsamen Schreiben. Live. In echt. Zum Anfassen. Momentan dümpeln wir so dahin. Wir treffen uns auf Zoom. Wir besprechen mit Franziska Hauser den Storytausch. Wir schreiben zusammen. Aber es fehlt was. Lebendigkeit, Energie, Geborgenheit, Fröhlichkeit. Wir halten den Laden am Laufen, wie man so schön sagt, aber die Gesichter zeigen deutliche Ermüdungserscheinungen. Alle sehnen sich nach einem Wiedersehen, ohne dafür auf den Bildschirm starren zu müssen. Aber wir machen weiter und lassen uns nicht unterkriegen.

Heute haben wir uns mit Franziska auf Zoom getroffen und sind mit ihren Tipps wieder ein Stück weitergekommen, um unseren gemeinsamen Storytausch zu strukturieren. Sie hatte auch eine schöne Schreibaufgabe im Gepäck. Jeder konnte sich aus inspirierenden Bildern eins auswählen und dazu eine kleine Geschichte oder ein Gedicht schreiben und danach vorlesen. Die Texte waren unglaublich beeindruckend, genau wie ihre Schöpfer. Während sich die Treffen in der Bibliothek meistens über fünf Stunden hinziehen, hält man das am Computer nicht so lange durch. Nach zwei Stunden ist die Luft raus. Aber wir haben uns mal wieder gesehen und gehört. Danke an alle, die teilgenommen haben!